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Insolvenzverfahren beim Energieversorger BEV

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Das Insolvenzverfahren der Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft mbH (BEV) dauert. Ein Gericht hat entschieden, dass Kunden auch Anspruch auf den Neukundenbonus haben, wenn sie die Vertragslaufzeit nicht erfüllen konnten.

Zahlreiche Verbraucher hatten sich bei uns gemeldet und Ärger mit dem Anbieter BEV geschildert. Nach dem Insolvenzantrag wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 16. Oktober 2019 eröffnet. Als Insolvenzverwalter ist der Münchner Rechtsanwalt Axel Bierbach bestellt, der zuvor schon vorläufiger Insolvenzverwalter war. Zudem hat der Insolvenzverwalter noch am selben Tag Masseunzulänglichkeit angezeigt – also erklärt, dass derzeit nicht genug Geld da ist, um alle Schulden des Unternehmens zu zahlen.

Für Kunden bedeutet das vor allem:

  • Prüfen Sie an Sie gerichtete Schlussrechnungen gründlich.
  • Halten Sie sich bei uns sowie auf der Seite der BEV zur Insolvenz auf dem Laufenden.
  • Wie gehe ich mit einer Rechnung der BEV bzw. des Insolvenzverwalters um?

    Das Unternehmen hat Schlussrechnungen verschickt. Außerdem kann es sein, dass Sie noch alte Rechnungen der BEV aus der Zeit vor der Insolvenz haben. Es kommt nun darauf an, ob Sie gegenüber der BEV im Rückstand sind oder ob Sie noch Guthaben haben. Letzteres kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie zu hohe Abschlagszahlungen geleistet und tatsächlich weniger verbraucht haben.

    Falls Sie laut Schlussrechnung im Rückstand sind:

    Forderungen aus Schlussrechnungen sind grundsätzlich auch nach Insolvenzeröffnung des Unternehmens zu zahlen. Bevor Sie sie zahlen, sollten Sie aber die Rechnung gründlich überprüfen:

    • Sind alle gezahlten Abschläge in einer Abrechnung für die Lieferung von Strom aufgelistet? Wenn nicht, ist das nicht rechtens und hat zur Folge, dass Sie als Kunde die Zahlung verweigern können. Außerdem muss unserer Ansicht nach der Sofort-und/ oder Neukundenbonus trotz Insolvenz in den Schlussrechnungen berücksichtigt werden.
    • Ist der Zählerstand korrekt wiedergegeben? Vergleichen Sie die Daten mit den von Ihnen notierten Zählerständen. Hinterfragen Sie Verbrauchsschätzungen in den Rechnungen. Fragen Sie beim Netzbetreiber nach, warum eine Schätzung nötig war und ob die Werte in der genannten Höhe tatsächlich übermittelt wurden. Eine Verbrauchsschätzung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Prüfen Sie, ob die geschätzten Werte plausibel sind. Falls Sie den Zählerstand durch Fotos gesichert haben, gleichen Sie diesen mit den geschätzten Werten ab. Schauen Sie sich den aktuellen Zählerstand an. Liegt dieser noch unter den geschätzten Werten, machen Sie das gegenüber dem Unternehmen geltend.
    • Zudem sollten Sie darauf achten, dass die Grundpreise ordnungsgemäß abgerechnet wurden. Anbieter müssen eine taggenaue Abrechnung des Grundpreises vornehmen, beispielsweise vom 12. Januar 2018 bis 11. Januar 2019, und dürfen dementsprechend nur 12 Monate berechnen.
    • Wenn Sie einer Preiserhöhung widersprochen haben, achten Sie unbedingt darauf, dass nicht der erhöhte Preis abgerechnet wird! Falls dies der Fall ist, teilen Sie dies dem Insolvenzverwalter mit und fordern Sie diesen auf, eine korrekte Abrechnung zu erstellen. Zahlungen sind nur an eine neue, geänderte Bankverbindung zu leisten, die laut der Internetseite der BEV wie folgt lautet:
      Axel Bierbach / BEV
      DB Privat- und Firmenkunden AG
      IBAN: DE30 7007 0024 0045 5105 01
      BIC: DEUTDEDMMUC
    • Wurde der Ihnen versprochene Bonus vom Nachforderungsbetrag abgezogen?

    Falls Sie laut Schlussrechnung ein Guthaben bekommen:

    Unserer Ansicht nach kommen Aufrechnungen gegen Nachforderungen des Unternehmens grundsätzlich in Betracht.

    Eine Aufrechnung kommt in Betracht, wenn Sie laut der Schlussrechnung nachzahlen müssten, gleichzeitig aber noch ein Guthaben aus einer alten Jahresrechnung offen ist. Dieselbe Situation kann auch entstehen, wenn Sie sowohl Strom als auch Gas von der BEV bezogen haben und bezüglich der einen Lieferung nachzahlen und bezüglich der anderen ein Guthaben zurückbekommen. Sie sollten die Aufrechnung erklären. Eine Aufrechnung muss ausdrücklich erklärt werden.

    Der Insolvenzverwalter  hat allerdings auch grundsätzlich die Möglichkeit, die Aufrechnung anzufechten. Jedoch weist der Insolvenzverwalter unter „Fragen und Antworten“ auf der Internetseite zur BEV-Insolvenz auf mögliche Aufrechnungslagen hin. Wörtlich heißt es:

    „Wenn aus einem Vertrag/einer Endabrechnung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber BEV hervor geht und Ihnen aus einem anderen Vertrag eine Forderung gegen BEV zusteht, informieren Sie uns bitte über das Kontaktformular „Abrechnung – Verrechnung von Verträgen“ auf www.bev-inso.de über die eventuell bestehende Aufrechnungslage. Bitte beachten Sie, dass eine Verrechnung nur von Verträgen möglich ist, welche von einer und derselben Person abgeschlossen worden waren. Wir werden Ihre Anfrage schnellstmöglich bearbeiten.“

    Zur Sicherheit können Sie sich rechtlich beraten lassen, wenn Sie sowohl ein Guthaben fordern können als auch nachzahlen sollen.

    Wen kontaktiere ich bei Rückfragen in Bezug auf meine Schlussrechnung?

    Der Insolvenzverwalter teilt mit, dass Sie sich weiterhin an die BEV und das Inkassounternehmen wenden können. Zusätzlich können Sie den Kontaktweg über das Kontaktformular unter https://bev-inso.de/contact nutzen.

    Was passiert mit den Guthaben?

    Guthaben aus Jahres- oder Schlussrechnungen zahlt Ihnen die BEV nicht mehr aus. Das Guthaben sollte nach Auskünften des Insolvenzverwalters zur so genannten Insolvenztabelle bis zum 10. Januar 2020 angemeldet werden.

    Die Frist zur Forderungsanmeldung müssen Sie zwar nicht zwingend einhalten. Allerdings wird für eine spätere Anmeldung eine Gerichtsgebühr in Höhe von 20 Euro fällig. Das sollten Sie gerade bei niedrigen Forderungen bedenken.

    Was passiert mit meinem Bonus?

    Die BEV hat verschiedene Boni angeboten: Den Sofortbonus und den Neukundenbonus.

    Der Sofortbonus kann mit entsprechenden Vorbehalten für eine Aufrechnung genutzt werden (s.o. – unter Guthaben nach Schlussrechnung).

    Der Sofortbonus ist als „Abschlussprämie“ zu betrachten (siehe AGB des Unternehmens). Die Auszahlung ist unserer Ansicht nach nicht davon abhängig, dass die BEV später noch eine bestimmte Zeit lang geliefert hat. Der Bonus wird 60 Tage nach Belieferungsbeginn fällig. Ob die Belieferung zum diesem Zeitpunkt noch andauerte, ist unerheblich. Das in 7.5 der AGB der BEV aufgeführte Aufrechnungsverbot bezieht sich unserer Ansicht nach nur auf den Fall, dass die unterjährige Abrechnung vereinbart war. Es ist nicht der Fall gemeint, dass es wegen eines Belieferungsstopps zu einer unterjährigen Abrechnung seitens BEV kommt. Wir halten das Aufrechnungsverbot außerdem aus verschiedenen Gründen für unwirksam. Daher können Kunden den Sofortbonus unserer Ansicht nach von einer Rechnung abziehen.

    Beim Neukundenbonus ist folgendes zu beachten: Es kommt immer darauf an, was das Unternehmen in Bezug auf den Bonus mit Ihnen in Ihrem Vertrag vereinbart hat. Die Voraussetzungen des Neukundenbonus („XX% (Jahresumsatz)“) waren in den von uns gesichteten Fällen unklar gehalten. Unklarheiten in den Geschäftsbedingungen gehen im Allgemeinen zu Lasten desjenigen, der die Geschäftsbedingungen verwendet. Wenn Sie ein Jahr durchgängig beliefert wurden, ist der Neukundenbonus in der Endabrechnung aufzuführen. Das gilt unserer Ansicht nach aber auch, wenn Sie durch die Insolvenz nicht ein Jahr lang beliefert wurden und der Bonusanspruch laut den für Sie geltenden AGB bei vorzeitigem Lieferende nicht ausgeschlossen wurde. Das hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 21. Juli 2020 entschieden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) war gegen die unterbliebene Anrechnung des Neukundenbonus vorgegangen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, der Insolvenzverwalter kann hiergegen in Revision beim Bundesgerichtshof gehen.

von
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